Aurora Alarm!

Bereits auf unserer ersten Reise ins Land der Bären zog es uns über den Polarkreis. Dahin wo abhängig von der Jahreszeit die Sonne nicht auf- oder eben nicht untergeht.

Es war bereits ein paar Tage nach der Sommer-Sonnenwende, als das Museum of the North (University of Alaska) einen Aurora Alarm ausgab. Die Sterne standen damals sehr gut. Ein paar Monate zuvor hatte der Sonnenzyklus sein Maximum erreicht, was für eine grosse Anzahl an Sonnenflecken und damit zu einem Auffrischen des sogenannten Sonnenwinds (geladene Teilchen, die von der Sonne in Richtung Erde geschleudert werden) sorgt. Fast jede Nacht wären die Polarlichter damals sichtbar gewesen. In jenen Nächten, die im Norden um die Sommer-Sonnenwende ausfallen.

So blieb uns die Chance auf eine Polarlicht-Sichtung verwehrt. Auf eben jenes Leuchtphänomen, welches unsere Vorfahren – ähnlich wie Kometen und Sonnenfinsternisse – als Unheilverkünder, göttliche Orakel oder Geisterbotschaften an die Bewohner der Erde deuteten. Heute, über 2000 Jahre später, lässt sich die Erscheinung in der Erdatmosphäre mit einfacher Physik erklären: Der Sonnenwind schleudert geladene Teilchen von der Sonne in Richtung Erde. Der Teilchenstrom trifft auf das Erdmagnetfeld, welches uns vor der schädlichen Strahlung schützt und dabei einen Teil des Sonnenwinds zu den Polarregionen leitet. Treffen die geladenen Teilchen nun in den äusseren Atmosphärenschichten auf Gasatome, so beginnen diese zu Leuchten – ähnlich wie das Gas in einer Leuchtstoffröhre, nur in viel grösserer Ausführung.

Auch wenn wir heute die Entstehung von Polarlichtern grösstenteils verstehen, vorhersagen lässt sich die „Mother Nature’s light show“ nicht präzise. So bleibt es Mutter Natur überlassen, wann und wo man die farbigen Himmelslichter erblicken kann. Es steht im wahrsten Sinne des Wortes „in den Sternen“.

Nun, ein paar Jahre später und ein paar Tage vor der Winter-Sonnenwende, stehen wir wieder hier im Norden. Über dem Polarkreis. Nun ist die Nacht endlich über uns eingebrochen. Doch für diese Reise hätten die Sterne für eine Aurorasichtung nicht schlechter stehen können. Wir befinden uns im absoluten Minimum des Sonnezyklus. Während die mittlere Sonnenfleckenanzahl beim Höhepunkt in 2014 bei über 128 Sonnenflecken pro Monat lag, wurde für den November 2019 noch ein halber (!) Sonnenfleck prognostiziert. Bei unserer Ankunft in Luosto lag der letzte Aurora Alarm auch schon über zwei Wochen zurück. Und für das nächste Aufflackern der Sonnenwinde, war Schneefall und eine zu 100% geschlossene Wolkendecke vorhergesagt.

Trotzdem – denn die Hoffnung stirbt zuletzt – stellten wir uns fast halbstündlich vor die Blockhütte. Gingen der lichterlosen Strasse entlang und starrten in die Dunkelheit. Wir blickten von unten an eine geschlossene Wolkendecke, die leise etwas Schnee auf uns hinabrieseln lies, und stellten uns bei jeder minimalen Helligkeitsverschiebung vor, wie schön die Polarlichter über den Wolken glühen und die Geister der Aurora tanzen werden. Doch mit dem raschen Abklingen des Sonnenwinds, der damit einhergehenden Verschlechterung der Prognosen und der unbeweglichen Wolkendecke, starb dann auch die Hoffnung und wir legten uns müde und enttäusche schlafen. Denn diese einmalige Chance war vertan. Mutter Natur wollte uns nicht als Zuschauer an diesem Schauspiel dabei haben.

Die Enttäuschung war dann in der folgenden Nacht natürlich noch immer präsent. Und die Prognosen für diese zweite und wohl auch letzte Möglichkeit, waren ähnlich schlecht. Der Sonnenwind ist abgeflacht. Er wird allenfalls punktuell nochmals etwas auffrischen. Der Himmel zwar frei, aber am Horizont sind bereits erste Schleier sichtbar. Dann plötzlich: „Aurora Alarm über Luosto“. Nichts wie rein in die warmen Stiefel, Kamera packen mit Stativ, Ersatzakku nicht vergessen, Jacke überziehen und Stirnlampe einschalten. Und los geht es. Auf der Suche nach einem guten Fotospot und möglichst wenig Licht. Denn die Aurora ist heute nur sehr schwach. Mit blossem Auge nur nach langer Angewöhnung an die Dunkelheit und nur als grau-grünen Schleier am Horizont zu erkennen.

So richtig, sieht man die Polarlichter heute nur im Kamerabildschirm. Nach langer Belichtung. Irgendwie eigenartig, wenn man erneut weiss, sie waren da…aber sie haben sich halt erneut nicht richtig zeigen wollen.

Es bleibt ein Phänomen. Nur Mutter Natur entscheidet, ob man dieses Spektakel zu sehen bekommt oder ob es ein Traum bleibt. Bei uns bleibt es wohl ein Traum, denn das Foto entschädigt zwar für die Aufwände, aber irgendwie war das nicht ganz real. Und wir warten weiter. Auf den nächsten Aurora Alarm – im Norden, bei Nacht, weit über dem Polarkreis.

Ein Gedanke zu „Aurora Alarm!

  1. Great pictures of the greenhau…aehm green light, Mark – even more so when considering all the hardship and efforts involved, well done! Then again, just cant shake off the feeling that those Northern Lights are the biggest marketing trick ever….;-)))

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